Schwarze Bücher

Schwarze Bücher

Ein Schwarzes Buch wird gern definiert als ein Zauberbuch und enthält magische Anweisungen und Zaubersprüche. Gewöhnlich handelt es sich um handgeschriebene Bücher, aber man findet auch gedruckte Ausgaben. Viele der Anweisungen sind volksmedizinische Rezepte, Ratschläge und Vorgehensweisen. Zusätzlich gibt es Formeln und Regeln, die gelesen werden sollten, um den Effekt oder die Wirkung zu steigern. Hin und wieder enthalten sie auch rein magische oder okkulte Beschwörungen, u. a. um mit dem Teufel oder Dämonen in Kontakt zu kommen und deren Dienste zu beanspruchen.
Der Inhalt in den Schwarzen Büchern variiert von Buch zu Buch und es gibt nicht das eine typische Schwarze Buch. Die Bücher nehmen Anleihen in einer Reihe von Traditionen und Interessengebieten und beinhalten sowohl weiße wie auch schwarze Magie. Der Inhalt der meisten Formeln und Rezepte in den Schwarzen Büchern sind oft nützliche Magie zur Heilung von Krankheiten bei Mensch und Tier und zur Abwehr von Unglück und Bedrohungen. Aber es war die schädigende Magie, die "Schwarze Kunst", die die meiste Aufmerksamkeit auf sich zog und die Leute erschreckte. Daher erhielten die Bücher ihren Namen. In Schilderungen von Schwarzen Büchern in der Volkstradition werden sie oft als Schwarzes Buch mit schwarzen Seiten und blutroter Schrift dargestellt.
Die meisten Schwarzen Bücher enthalten mehr oder weniger realistische ärztliche Ratschläge, mit Gebrauch von pflanzlicher Medizin und anderer Mittel. Einige Beispiele:
- Rezepte für Abtreibungsmittel, giftige Kräuter mit nachweislicher Wirkung
- Formeln und Ratschläge, um Tiere zu schützen und zu heilen
- Beschwörungen, um einen Dieb zu überführen und das Gestohlene zurückzuerhalten
- Beschwörungen und Rezepte, die mit Liebesdingen verbunden sind
- Beschwörungen und Formeln, um mit den Toten in Kontakt zu kommen, mit dem Teufel zu paktieren, Leben und Eigentum von anderen Schaden zuzufügen mit Hilfe von Magie
- Beschwörungen, Gebete, Zauberformeln, um z. B. Blut zu stillen, gegen Brände zu schützen und vieles andere ...

Die historische "Wirklichkeit" hinter den Schwarzen Büchern ist kompliziert. Das gilt besonders für die Trennung zwischen christlichem Glauben und der Benutzung der Schwarzen Bücher.
Offiziell war die Trennung scharf, aber in der Praxis war sie schwierig zu ziehen. Das älteste bewahrte Schwarze Buch im Norden, das Vinje-Buch aus dem Spätmittelalter, ist ein gutes Beispiel dafür. Es wurde von einer gut gebildeten Person geschrieben, die Latein beherrschte und gute Kenntnisse in theologischer und liturgischer Hinsicht besaß. Der Verfasser und Eigentümer war höchstwahrscheinlich Priester. Zusätzlich zu Zauberformeln und ärztlichen Ratschlägen beinhaltet das Vinjebuch 11 Hymnen an die Jungfrau Maria, welche klar den gleitenden Übergang zwischen offizieller Theologie und religiöser Praxis zeigen.
Eine interessante Studie über das Verhältnis zwischen Christentum und vorchristlichen Praktiken im 9. und 10. Jhd. in England ist Karen Louise Jollys "Popular Religion in Late Saxon England. Elf Charms in Context" von 1996. Hier zeigt sie, wie die lokale Kirche traditionelle Ratschläge für den Schutz gegen Elfen (alver) modifizierte und christianisierte, indem sie liturgische Gebete mit der Nutzung von  Heilkräutern verband. Hier fand eine Mischung aus christlicher Liturgie und ursprünglichen germanischen Gebräuchen statt, eine effektive Christianisierung von eingeborenem Volksglauben. Das was wir in den Schwarzen Büchern in Norwegen und im Norden finden, ist vielleicht etwas Ähnliches.
Es war auch nicht ungewöhnlich, das die nachreformatorischen lutheranischen Priester solche Schwarzen Bücher besaßen. Viele Erzählungen in der Volkstradition handeln von Priestern, die "mehr konnten als ihr Vaterunser" und Eigentümer Schwarzer Bücher waren. Das hängt u. a. damit zusammen, dass die Aufgaben eines Priesters weit mehr und umfassender waren als heute. Er sollte elementare medizinische Kenntnisse haben, denn der Priester war oft der einzige mit einer Ausbildung innerhalb einer lokalen Gemeinschaft.
Über das 18. Jahrhundert hinaus wird deutlich, dass solche Bücher zunehmend in Gebrauch kamen bei Bauern und Leuten aus niederen sozialen Schichten.

Alter und Ausbreitung
Die meisten bekannten und erhaltenen Schwarzen Bücher in Norwegen sind volkstümlichen Ursprungs. Das älteste bewahrte und bekannte Buch ist das Vinjebuch vom Ende des 14. Jahrhunderts. Es ist interessant, dass sich dieses Buch über 300 Jahre hinweg in Vinje befand. Es wurde gefunden, als die alte Stabkirche in Vinje 1796 abgerissen wurde. Wahrscheinlich wurde es in der Kirche versteckt, kurz bevor es gefunden wurde und das sagt z. T. etwas aus über die Haltung zu dieser Art Bücher. Das Vinjebuch befindet sich heute in der Sammlung der Osloer Kathedralsschule.
Die volkstümlichen Schwarzen Bücher sind ein relativ neues Phänomen und die meisten sind aus dem 18. Jahrhundert. Sie gehörten meist Personen aus niederen sozialen Schichten und sind nach deren Interessen und Bedürfnissen gestaltet. Ein Teil älterer Schwarzer Bücher aus dem 17. Jahrhundert (es gibt nur wenige vor 1750) haben einen mehr "gelehrten" Charakter und behandeln auch Themen, an denen eher Standespersonen und Priester interessiert waren.
Einige der ältesten gehörten offenbar Offizieren. Sie enthalten viele Formeln und Anweisungen, um sich gegen Kugeln und Schwerthiebe zu schützen und wie man ein guter Kämpfer wird. Diese Schwarzen Bücher enthalten auch viel Stoff von eher erotischem Charakter und Ratschläge, um im Spiel zu gewinnen. Nachdem sich das Wirklichkeitsverständnis der höheren Schichten im 17. und 18. Jahrhundert änderte, nahm man Abstand von Schwarzen Büchern und magischen Mitteln.

Vorbilder
Die ältesten Schwarzen Bücher in Norwegen stehen in Verbindung mit einer größeren internationalen und z. T. gelehrten Tradition mit Wurzeln zurück in die Antike und das Mittelalter. Die Vorbilder waren gern mittelalterliche Zauberbücher, (Grimoire) und andere esoterische und teilweise Gelehrtenliteratur des 15. und 16. Jahrhunderts. Ein großer Teil des Formelmaterials und der Vorstellungen geht zurück auf die neuplatonische Mystik der Renaissance, Elemente der jüdischen Mystik, Kabbalismus, vermischt mit Heilkunst und mittelalterlichen Elementen.
Als die ältesten Schwarzen Bücher wurden gern das 6. und 7. Buch Mose, der"Cyprianus" oder ähnliche angesehen. Cyprianus ist einer alten kirchlichen Legende nach ein mächtiger Zauberer, Cyprian von Antiochia. Seine historische Realität ist mehr als zweifelhaft, aber der Legende zufolge soll er versucht haben, eine christliche Jungfrau namens Justinia mit Hilfe eines Dämons zu gewinnen, sich ihm hinzugeben. Aber die fromme Frau ließ sich nicht verführen. Sie wollte nur die Braut Christi sein und wehrte sich gegen den Dämon mit dem Kreuzzeichen. Als Cyprian des Dämons Ohnmacht sah und die Stärke dieser heiligen Frau, löste er seinen Pakt mit dem Teufel und trat zum Christentum über.
Es sieht aus, als ob Cyprian vermischt worden wäre mit einem der ältesten westlichen Kirchenväter und Märtyrer, dem heiligen Cyprian (ca. 200 - 258), welcher Bischof von Karthago war.
Diese Traditionen verschmolzen mit dem alten norrönen Heidentum und den magischen Praktiken des nordischen Gebietes und Reste davon können wir in den späteren Traditionen um Schwarze Bücher sehen.
Der meist unmittelbare historische Hintergrund für norwegische Schwarze Bücher sind dänische und deutsche Vorlagen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, in die mehr und mehr "geheime" Zauberformeln aus der mündlichen norwegischen Tradition übernommen wurden. Besonders gilt dies für die Schwarzen Bücher des 17. und 18. Jahrhunderts.

Lange Zeit habe man die Schwarzen Bücher nur unter dem Stichpunkt Magie untersucht und nicht aus wissenschaftlicher Perspektive, stellt Ane Ohrvik fest. Man betrachtete hauptsächlich das Religiöse und die Vorstellungen über Magie und Zauberei, was im gewissen Grad eine Exotisierung darstelle. Ohrvik hat 51 Schwarze Bücher aus der Periode von 1650 bis 1850 untersucht, wobei der größte Teil dieses Quellenmaterials bis dahin unerforscht war.
Auffallend sei ihre Form. Die Manuskripte sind aufgemacht wie Bücher, mit Titel, Einleitungen, Inhaltsverzeichnis und Vorwort, welches den Inhalt des Buches präsentiert und erklärt, aber auch das Wissen autorisiert. Offenbar war es von Bedeutung, die Schwarzen Bücher wie richtige Bücher darzustellen.
Früher meinten die Forscher, dass die Schwarzen Bücher eine typische Volkstradition repräsentieren, wobei das Volkswissen bei den "Weisen Männern und Frauen" aus niederen Gesellschaftsschichten angesiedelt wurde.
Ohrviks Studie zeigt, dass die Verfasser von Schwarzen Büchern des 17. Jahrhunderts im Gegenteil einer höheren Gesellschaftsschicht angehörten. Sie waren selbstverständlich schriftkundig, sie hatten eine Ausbildung, einige beherrschten mehrere Sprachen, waren viel gereist und kannten die Strömungen der Zeit, wie die Ideen der Aufklärung.

Welches Wissen war wichtig?
Die Schwarzen Bücher enthielten Ratschläge für alles: wie man Bleiche und Farbe herstellt, wie man einen Dieb fängt, bis dahin, wie man Menschen und Tiere heilt oder ihnen schadet. Die magischen Vorstellungen waren eingebettet in Form von theoretischem und praktischem Wissen in einer Reihe verschiedener Gebiete. Zu wissen, wie man einer Frau bei der Geburt hilft, konnte lebenswichtiges Wissen sein. Und wenn man glaubte, Hexen könnten deinen Haustieren schaden, war auch das Wissen, wie man eine Hexe fernhält, wertvoll.
Das man diese Bücher durchaus ernst nehmen sollte, zeige sich auch daran, dass sie Kenntnisse verschiedener europäischer literarischer Genres wie auch mündlicher Wissenstraditionen enthalten, von der Naturphilosophie der Renaissance bis zu deutscher und dänischer Kunstbuch-Literatur wie auch erfahrungsbasierter Wissenstraditionen.
Die Verfasser legten Wert darauf, dass es geheimes Wissen sei, was präsentiert werde; gleichzeitig führen sie die Geheimhaltung durch den Gebrauch geheimer Alphabete und Zeichen weiter. Das Wissen war kostbar.
Die Schwarzen Bücher zeigen deutlich, dass sie Kunst und Wissenschaft für die "Wissenschaftskundigen" präsentierten und für "rechtschaffene, christliche Menschen". Auf diese Weise setzten sie auch den Standard, wie die Leser sein sollten.

Überraschend sei, wie argumentiert wurde: Je älter das Wissen, desto besser. Gerade im Hinblick auf die Periode, also dem Jahrhundert der Aufklärung sei dies interessant, da hier eigentlich altes Wissen überholt wurde und mit Neuem experimentiert wurde. Die Schwarzen Bücher taten das Gegenteil, sie wiesen zurück. Das das Wissen alt war und dem mythenumsponnenen Magiker Cyprianus zugeschrieben wurde, machte sie nicht unaktuell. Im Gegenteil, das Alter und die Tradition trugen gerade dazu bei, das Wissen zu legitimieren.

Quellen:
https://www.hf.uio.no/ikos/tjenester/kunnskap/samlinger/norsk-folkeminnesamling/trolldom/svarteboker/
http://forskning.no/kulturhistorie-overtro/2012/06/svarteboker-var-vitenskap
http://www.hf.uio.no/ikos/forskning/aktuelt/aktuelle-saker/2012/ohrvik.html

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