Sigrun Okkenhaug

Sigrun Okkenhaug wurde am 10. September 1889 in Levanger (Norwegen) geboren und starb am 30. August 1939. Mit 18 Jahren heiratete sie Fredrik Okkenhaug aus Frol in der Nähe von Levanger. Trotz eines arbeitsreichen Alltags auf dem Bauernhof, elf Geburten und der Trauer über ein Kind, das starb, fand sie Zeit für soziale Arbeit in verschiedenen Vereinigungen außerhalb ihres Heimes, z. B. für Frauen, Kinder und Jugendliche, Kranke und Arme.

Sigrun Okkenhaug debütierte 1919 im Alter von 30 Jahren mit einer Sammlung kleiner Erzählungen, die zum Teil im Norsk Barneblad erschienen waren: Vesle Gunnar og dei andre“ (1919). Dies wurde fortgeführt in der Sammlung „Born“ (1921). Aber erst mit der Triologie „Helga“ (1925), „Ut i verda“ (1926) und „I Vika“ (1928) wurde sie einem größeren Publikum bekannt und nahm eine zentrale Stellung in der nynorsken Kinder- und Jugendliteratur ein. Diese Bücher sind die ersten originalen Mädchenbücher auf Nynorsk.
Die Helga-Bücher sind eine Botschaft, sich selbst zu helfen, eine Liebeserklärung an das bäuerliche Leben, eine Lehre, im Dorf zu bleiben und dort auf Entwicklung und Erneuerung zu setzen. Neu für die zeitgenössische Literatur ist eine eigenständige Perspektive für die Frau. Die Figuren übernehmen Verantwortung und Initiative, das Weibliche wird als gleichwertig erkannt.

Ihre letzten beiden Bücher erschienen im Jahr 1938. Im Kinderbuch „Desideria får avløysing“ greift sie u. a. ein ernstes Gesundheitsproblem ihrer Zeit auf, die Lungentuberkulose. Die Novellensammlung ”Merket” thematisiert die schwärzesten Seiten menschlichen Lebens, wie Inzest, Asozialität, Schuldgefühle, Geisteskrankheit und Vorurteile.

Alles in allem schrieb sie 13 Bücher für Kinder und Erwachsene. Sie nutzte verschiedene Genres: Romane, Novellen und Theaterstücke, sowie Gedichte und auch Zeitungsartikel. Als sie im Begriff war, sich als Ganztagsautorin zu etablieren, starb sie im Alter von gerade mal 50 Jahren.

Sigrun Okkenhaug gehört in die norwegische neorealistische Tradition. Neorealismus (nyrealisme) oder ethischer Realismus ist eine Bezeichnung einer literarischen Richtung, die die norwegische Literatur in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dominierte. Sie bezeichnet eine eher wirklichkeitsnahe und gesellschaftlich engagierte Dichtung, welche um 1905 ihren Aufschwung nahm, dem Jahr, in dem Norwegen seine nationale Selbstständigkeit erlangte.

Die Verfasser des Neorealismus interessierten sich stark für das Kind und nicht zuletzt für das Kind als Opfer sozialer und psychischer Übergriffe. Soziale Demaskierung und Kritik, aber auch eine Demonstration psychologischer und pädagogischer Ideen und Prinzipien sind wichtige Elemente von Kindheitsschilderungen. Besonders die 30iger Jahre waren von einer Kulturdebatte geprägt, die zum Teil die Freudsche Psychoanalyse zum Hintergrund und Sexualität und Sittlichkeitsvorstellungen als zentrale Streitthemen hatte. Diese Debatte schlug sich auch im Novellenmaterial nieder, besonders deutlich bei Sigrun Okkenhaugs Novellensammlung „Merket“ (1938).

Schon früh engagierte sie sich gegen Alkoholmissbrauch und schrieb empört über Armut, soziales Unrecht und Unterschiede zwischen Stadt und Land. Sie äußerte sich mutig über die Erwerbstätigkeit von Frauen, womit sie im Widerspruch zu den Auffassungen ihrer Zeit stand. Ein Beispiel ist, wie sie über das Tabu des Schwangerschaftsabbruches in dem Roman „Den vene skåla“ schrieb. Viele der existentiellen und moralischen Probleme in diesem Roman hängen zusammen mit dem Verhältnis zur christlichen Religion, das ein wichtiges Nebenthema des Buches darstellt.

Sigrun Okkenhaugs beste Novellen sind straff durchkomponierte Entwicklungsgeschichten.
Die pädagogische Perspektive ist deutlich in Sigrun Okkenhaugs Texten. Sie demonstriert, dass soziale Vorurteile und sexuelle Engstirnigkeit zur Verkrüppelung des Individuums führen.
Sigrun Okkenhaug ist nicht ängstlich bei der Nutzung drastischer und dramatischer Wirkmittel. Ideologisch platziert sie sich als ein typischer Repräsentant der radikalen Seite in der Kultur- und Literaturdebatte der 30iger Jahre. Ihre erste Sammlung für Erwachsene „Lauvfall“ (1920) vermittelt grob gesehen traditionelle dörfliche Normen und Werte, während „Merket“, der Abschluss dieses Autorenlebens, eine dramatische, unbarmherzige und drastische Abrechnung mit diesen Werten ist.

(Norsk kvinnelitteraturhistorie, Bind 2 1900-1945, Pax forlag A.S, Oslo 1989, S. 44)


"Vesle Gunnar og dei andre" ist inzwischen unter dem Titel "Gunnar - Kindergeschichten aus Norwegen" bei Amazon als Kindle- e-book für 1.99 erhältlich.

(https://www.amazon.de/Gunnar-Kindergeschichten-Norwegen-Sigrun-Okkenhaug-ebook/dp/B01J48I3GQ/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1487262171&sr=8-2&keywords=Sigrun+Okkenhaug)



Auch "Born" ist bei Amazon als e-book unter dem Titel "Kinder am Trondheimfjord" für 1.99 erhältlich.

(https://www.amazon.de/Kinder-am-Trondheimfjord-Sigrun-Okkenhaug-ebook/dp/B019A9TQH4/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1487262171&sr=8-1&keywords=Sigrun+Okkenhaug)

Leseprobe:                               

Als Gunnar Schlittschuhe bekam

Gunnar hatte einen Wunsch – gut, Wünsche hatte er so einige, aber das war ein richtig großer Wunsch, größer als alle anderen. Er hätte so gern ein Paar Schlittschuhe. Oh du, das wäre zweifellos phantastisch, aber ….
    Gunnar war nur ein kleiner, neunjähriger Pächterjunge. Und alles war so teuer, das Essen und die Kleidung und nun, da …. Das war nicht so einfach, das wusste auch Gunnar und so ging er grübelnd umher. Wenn der Zufall es wollte, fand er eine Lösung, könnte doch sein.
    Der Winter hatte gerade erst begonnen und bis an Weihnachten würde sich auf dem See nicht viel tun, aber wenn die Zeit heran war, lag der See so glitzernd blank und schön.
    Im vergangenen Winter hatten ihm hier und da mal die anderen Kinder ihre Schlittschuhe geliehen und nun konnte er laufen wie sie, das konnte er. Wenn er nur ein Paar hätte!
    Eines Tages hatte er der Mutter die Bitte vorgetragen, aber – ihm schien, dass es zwecklos war. Das war nicht so einfach, nein, sie müssten jetzt erst einmal das Nötigste haben, sagte Mutter und es war ungewiss genug, ob sie es schafften, die vielen kleinen Münder zu stopfen. Noch dazu, wo der Vater so lange krank gewesen war. Er war nun wieder auf den Beinen, aber sie kamen zur Zeit nur gerade so über die Runden. Nein, es würde nichts nützen, mit den Eltern zu reden, das konnte man auch nicht erwarten. Und wenn er das bleiche, müde Antlitz der Mutter betrachtete, dann ließ er es lieber bleiben ….
    Wenn ihm nur einfiele, wie er etwas verdienen könnte! Aber er war ja noch sehr klein und bald war Weihnachten und dann vereiste der See. Ihm wäre fast am liebsten, es gäbe dieses Mal kein Eis und auch keine Weihnachten.
    Es blieb nur, zum Gutshof zu gehen und sich nach Arbeit umzusehen. Die Ane-Marta Ytre-Bö war immer so hilfsbereit. Könnte doch sein, dass sie für ihn eine geeignete Arbeit hatte. Er trug sich einige Tage mit dem Gedanken herum. Es war nicht so einfach, um etwas zu bitten, das war es nicht, aber mehr als Nein sagen konnten sie nicht, wenn sie ihn nicht brauchten.
    Er hatte so viel zu tun daheim mit dem Holzhacken und dann sah er nach seinen kleinen Geschwistern. Aber wenn er die Mutter freundlich bat, könnte er wohl wenigstens für einige Stunden am Tage fort. Er musste es wagen, er sah keinen anderen Ausweg.
    Eines Tages ging er hinüber zum Gutshof. Anfangs lief er noch ganz zügig, doch je näher er kam, desto langsamer wurde er. Sein Herz pochte vor Aufregung. Was würde sie sagen, die Ane-Marta? Er sprach lieber mit i h r, denn der Ola war so schnell verärgert.
    Gunnar versuchte, ein Lied zu pfeifen, aber es wollte ihm heute nicht gelingen, er konnte weder den Napoleonsmarsch, noch die Nationalhymne, auch „Der alte Noah“ oder „Die alte Frau mit dem Stock“ ganz richtig.
    Er steckte die Hände in die Hosentaschen, um wie ein ganzer Kerl zu wirken, aber dann kam ihm der Gedanke, dass die Ane-Marta keine kleinen Jungs mit den Händen in den Taschen sehen mochte und er nahm sie schnell wieder heraus.
    Ja, nun war er auf dem Hof angekommen. Sollte er wieder umdrehen und heimkehren? Das war jetzt wohl ganz seltsam, um Arbeit zu bitten – noch dazu, wo er auch etwas dafür haben wollte. Er stand und dachte nach, aber dann dachte er an das Paar prächtiger Schlittschuhe, die unter der Decke beim Landhändler hingen. Die kosteten ihre drei Kronen, aber sie waren so schön, wirklich passend für ihn – so glänzend blank, dass …. Nein, er musste sich wohl hineinwagen.
    Der kalte Schweiß stand ihm auf der Stirn, als er an die Tür klopfte, aber jetzt war da jemand, der „Komm herein!“ sagte – und so war es zu spät, umzukehren.
    Klein und ärmlich nahm er neben der Tür der großen, hellen Küche Platz. Ane-Marta stand gutmütig und freundlich an der großen Kochstelle und war noch beschäftigt und vorn am Tisch saß das Dienstmädchen.
    „Bist Du nicht der kleine Gunnar?“ fragte die Ane-Marta und lächelte. Ja, das war er wohl. Das sie ihn auch noch k l e i n nannte, jetzt, wo er so gerne groß wäre!
    „Heute ist sehr schönes Wetter“, sagte Gunnar. Ihm schien, er müsse etwas sagen, es war so still – und es war ja meist das Wetter, über das auch die Erwachsenen sprachen. Ane-Marta lächelte in sich hinein. „Ja, es ist wieder richtig schön geworden, ja“, sagte sie. Jaja. Gunnar seufzte. Wenn nur das Dienstmädchen für ein Weilchen den Raum verlassen würde, es wäre so viel leichter, sein Anliegen vorzutragen. Es war fast unmöglich, jetzt etwas zu sagen, während sie dort saß. Aber es sah auch nicht so aus, als würde sie gehen.

    Endlich war die Ane-Marta fertig. Sie sah zu Gunnar. „Du wolltest wohl etwas mit mir bereden?“ fragte sie und lächelte. Nun wurde Gunnar mutiger. Ja, das würde er sehr gern. Er sah zum Dienstmädchen hinüber. War das zu glauben, dass sie nicht merkte, dass sie jetzt gehen sollte? Aber nein! Das war sehr verwunderlich …. „Du solltest mich hinausbegleiten, dann können wir in Ruhe reden“, sagte die Ane-Marta und ließ die Tür zum Zimmer offen. Gunnar erhob sich, putzte sich an der Tür noch einmal die Schuhe ab und folgte ihr.
    Kurze Zeit danach hüpfte Gunnar nach Hause. Er war jetzt leichter zu Fuß, die Augen strahlten und er pfiff spielend leicht ein Lied.
    Die Ane-Marte war eine prima Frau, jawohl. Zwei große Tassen Kaffee hatte er bekommen und Hefeteilchen und Zucker, wenn er wollte. Und Arbeit!
    Er sollte für zwei Stunden am Tag kommen und Holz holen, sowohl für die Küche, die Stube und die Schlafkammer und ansonsten helfen, wo es nötig war. An den Tagen, an denen er die Schule besuchte, sollte er nur für eine Stunde kommen, da er auch der Mutter eine große Hilfe war, die ihn brauchte. Heißa! Und an Bezahlung oder Belohnung würde bis Weihnachten wohl einiges zusammen kommen, sagte die Ane-Marta – jo, das war eine Frau, die den sechsten Sinn hatte.

    Es klappte gut mit der Arbeit. Daheim hackte er an den Vormittagen Holz und sah nach den Geschwistern. Er war wohl manches Mal geplagt und müde, aber dann pfiff er ein Lied und so sollte es wohl gehen. Gleich nach dem Mittag lief er zum Hof – und er würde schon sagen, dass er dort auch recht nützlich war, ja!
    Er nahm den Frauen die ganze beschwerliche Schlepperei ab und trug all das benötigte Holz hinein und er half auch verschiedentlich den anderen. Er gab sein Bestes, ja das t a t er.
    Fast jeden Tag, wenn er heimwärts ging, drehten sich seine Gedanken darum, wie viel Geld er wohl verdienen würde. In seiner Sparbüchse befanden sich fast anderthalb Kronen, eine Krone und siebenundvierzig genau gesagt. Wenn er für seine Arbeit vielleicht auch eine Krone bekam, so reichte es noch immer nicht. Er sollte die Mutter bitten, ob er nicht fünfzig Öre als Weihnachtsgeschenk haben könnte, wenn er richtig nett und fleißig wäre bis zum Fest. Dann bekäme er trotzdem seine Schlittschuhe zu Weihnachten. Hurra! Das war ein überaus froher Gedanke.

    Die Wochen bis Weihnachten vergingen schnell, schönes und schlechtes Wetter wechselten sich ab. Gunnar achtete nicht sehr darauf, bis es auf einmal kalt wurde. Da leuchteten die Augen, denn nun kam es, das Eis! Er war ausgesprochen eifrig, er strengte sich ordentlich an, damit er seine Schlittschuhe bekam.

    Der Weihnachtsabend kam mit glitzerndem weißen Schnee, Kälte und klingenden Schlittenglocken. Jo, es sah wirklich aus, als würde es noch ein richtig schönes Fest.

    Gunnar war auf Ytre Bö gewesen. Er sollte kommen, damit sie die Arbeit abschließen können, hatte die Ane-Marta gesagt, als er gestern das Feuerholz für das Fest hereinbrachte. Und nun stapfte er nach Hause, mit einem Korb so schwer, dass – er schaffte es kaum, ihn zu tragen. Aber wenn er an all die guten Sachen darin dachte, dann …. da gab es sowohl Würste und ein Stück Sülze und Festtagskuchen und obenauf hatte die Ane-Marta noch eine Tüte mit Äpfeln gelegt. Gunnar hatte mit großen staunenden Augen zugesehen, als sie den Korb packte. Einen winzigen Augenblick befürchtete er, dass er nun wohl keine Bezahlung bekam, wenn sie so viel Essen mitschickte, aber das vergaß er gleich wieder. Er hatte so viel zu bedenken. Er sollte heim und den Tannenbaum schmücken und sein Vater war jetzt zu Hause und der würde ihn loben, wie fleißig er Holz gehackt hatte. Es war doch eine Freude, dass Weihnachten war!
    Aber als er da so saß und seinen Kaffee trank, dachte er wieder an die Schlittschuhe. Sie hatte nichts über einen Lohn gesagt, ihn überhaupt nicht mehr erwähnt. Es war gleichsam, als schnüre es ihm auf einmal die Kehle zu. Er hatte sich so gefreut, die Schlittschuhe zu kaufen und über Weihnachten auf dem Eis zu laufen! Auf einmal bekam er keinen Bissen mehr hinunter, am liebsten hätte er geweint, aber das gehörte sich nicht für einen großen Kerl. So erhob er sich still, bedankte sich artig für den Kaffee und das Essen und nahm den Korb. Er sollte sich wohl auf den anstrengenden Heimweg machen. Aber dann passierte es, dass der Ane-Marta einfiel, dass sie wohl etwas vergessen hatte. „War es nicht so, dass er auch noch einen ordentlichen Lohn für seine Arbeit bekommen sollte?“ Und sie hatte ihn freundlich angelächelt und gesagt, dass er wirklich ein fleißiger und großartiger Junge sei – und dann hatte sie ihm ein blankes Zweikronenstück gegeben. Junge – ganze zwei Kronen! Gunnars Augen strahlten noch, als er heimwärts ging.

    Er war so glücklich, dass er nicht einmal ordentlich ein Lied pfeifen konnte. Stattdessen musste er es singen.
    Jetzt hatte er mehr, als er für die Schlittschuhe brauchte. Und das, was übrig blieb, sollte seine Mutter als Weihnachtsgeschenk bekommen, das sollte sie. Es war wohl zu spät, an diesem Abend noch zum Händler zu gehen, aber nach den Feiertagen würde er sich auf den Weg machen, ja, gleich morgens nach dem Aufstehen.

    Daheim bei Gunnar hatten sie die Festtagsgrütze gegessen, der Vater las aus dem Weihnachtsevangelium vor und dann sangen sie einige Psalmen. Auf dem kleinen Tisch in der Ecke stand der Weihnachtsbaum. Er war nicht sehr groß, aber ausgesprochen hübsch anzusehen. Geschmückt war er mit Kerzen und Äpfeln und einem Lebkuchenmann für jeden. Unter dem Baum lagen einige Päckchen, sechs im Ganzen, das war wohl eins für jedes Kind. Gunnar hatte wirklich nicht geglaubt, dass es weitere Geschenke in diesem Jahr geben würde. Was wohl in den Päckchen war?
    Er sollte jetzt zuhören, was Vater las und singen sollte er, aber – die Gedanken schweiften trotzdem ein ums andere Mal ab. Was war nur in den Päckchen?
    Endlich war es soweit. Gunnar nahm das Paket mit seinem Namen, ein ziemlich großes. Und wie schwer es war! Es schepperte darin, und – ihm zitterten beinahe die Hände, während er es öffnete. Jo das – das war wirklich ein Paar nagelneuer Schlittschuhe! Er stand mitten im Raum mit den Schlittschuhen in den Händen und sah von einem zum anderen und dann wieder auf die Schlittschuhe. „Aber – aber“, stotterte er und brachte nicht mehr heraus. Es schien fast, als wäre er wieder den Tränen nah, so glücklich war er, aber dann musste er doch lächeln.
    „Na, was sagst du?“ fragte der Vater und schmunzelte.
    „Ich sage vielen Dank“, antwortete Gunnar und ergriff die Hand des Vaters. Aber dann sprang er schnell zu seiner Mutter und drückte sie fest an sich, um dann in der Schlafkammer zu verschwinden. Gleich darauf kehrte er zurück und drückte der Mutter etwas in die Hand. „Ich will dir so gern auch etwas schenken“, flüsterte er. Als sie die Hand öffnete, lag das neue Zweikronenstück darin. „Aber nein, Gunnar, das musst du selbst behalten“, sagte sie. „Weißt du, ich brauche es jetzt nicht mehr“, antwortete Gunnar und sah fast bittend zu ihr auf. Er fürchtete sehr, sie würde es ablehnen.
    Aber dann schien es ihm fast peinlich zu sein, als sowohl Vater und Mutter ihm die Hand gaben und sich bedankten und sagten, dass er die Schlittschuhe bekommen habe, weil er so freundlich und hilfsbereit gewesen war.
    Am Abend musste Gunnar seine Schlittschuhe bei sich haben, als er zu Bett ging und das Letzte, woran er dachte, war, das er n a c h Weihnachten noch fleißiger helfen wollte. Denn das es jemanden so Gütiges gab wie Mutter und Vater, nein, das glaubte er nicht. Und morgen würde er die Schlittschuhe ausprobieren – das war auch gewiss.



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